Hochwasserproblematik

Liebe Flieger in Unterwössen,

nachdem wir im Jahre 2002 durch Hochwasser sehr viele Flugzeuge verloren haben und es 2013 wieder sehr große Schäden an Flugzeugen gab, ist es notwendig auf die spezielle Situation dieses Flugplatzes hinzuweisen. Unser Flugplatz ist als Ausgleichsfläche für Überschwemmungen fest als Polder vorgesehen, das heißt der Hochwasserschutz schützt zwar den Ort Unterwössen, aber nicht den Flugplatz und damit auch nicht den Hängerplatz! Jeder Hänger und jedes Flugzeug, das hier steht ist also potenziell gefährdet.

Selbstverständlich sollte sein, dass der Hänger nicht hochgebockt und die Kurbel im Hänger verstaut ist! Auch die Anhängekupplung für den Kugelkopf bitte auf keinen Fall absperren, eine Rettung des Hängers ist so nicht möglich!!

Nun zur Frage, wann wird es typischerweise gefährlich?
Hochwasser gibt es bei uns praktisch nur bei einer sogenannten

Vb-Wetterlage (sprich “5b-Wetterlage”). Eine sehr gute Beschreibung, wie diese Wetterlage abläuft gibt es vom DWD hier oder bei Kachelmann hier, konkret erläutert am Hochwasser 2002, gibt es eine ausführliche Ausarbeitung als PDF hier. Und vom letzten schlimmen Hochwasser 2013 die Erläuterung hier. Wenn also eine solche Konstellation eintritt, dann müssen wir auf der Hut sein!
Wann muss der Hänger weg, das ist bei Hochwassergefahr die spannende Frage? Entscheidend dabei ist die Geschwindigkeit, mit der der Achepegel Staudach auf 4,50 Meter steigt, denn etwa bei diesem Wert läuft die Ache über den Flugplatz. Beim letzten großen Hochwasser 2002 stieg der Pegel 50 Zentimeter pro Stunde! Das hätte bedeutet, dass schon bei einem Achepegel Staudach von gut 3 Metern die Evakuierung hätte beginnen müssen. Das Wasser ist nämlich noch geschätzt eine halbe Stunde vom Flugplatz zur Messstelle unterwegs. Aus der Erkenntnis von den letzten Hochwassern (z.B. auch 2010) lässt sich folgende Formel aufstellen, wenn für die Evakuierung gute 2 Stunden Zeit bleiben sollen:

Pegel Staudach Evakuierungsbeginn = 4,50 Meter minus 3 mal Anstieg des Pegels pro Stunde

Beispiel für das Hochwasser 2002:

Pegel Staudach Evakuierungsbeginn = 4,50 Meter minus 3 mal 0,50 Meter
Pegel Staudach Evakuierungsbeginn = 4,50 Meter minus 1,50 Meter
Pegel Staudach Evakuierungsbeginn = 3,00 Meter

Die Grafik dazu:


Das heißt also konkret, schon bei einem Pegelstand von 3 Metern muss eine Entscheidung getroffen werden. Grundlage dafür ist die Anstiegsgeschwindigkeit des Pegels unterhalb dieser 3 Meter. In obiger Grafik ist gut zu erkennen, dass ab 3:30 Uhr der Pegel hätte beobachtet werden müssen, so dass um 4:30 Uhr die Entscheidung zur Evakuierung hätte fallen können. Es wären dann 2 Stunden Zeit geblieben alles wegzuräumen, denn ca. um halb 7 Uhr ist die Ache dann über den Flugplatz gelaufen, siehe nachfolgendes Webcambild von 7 Uhr:


Der Pegel Staudach wird vom Wasserwirtschaftsamt ins Internet gestellt und ist anzeigbar unter diesem Link Pegel Staudach, auch den Pegel St. Johann gibt es im Internet Link Pegel St. Johann
Bei den letzten Hochwassern war es so, dass die Ache schon relativ hoch stand, die Böden gesättigt waren und erst dann bei Regen eine Woche später das große Hochwasser kam. Bei so einer Konstellation könnte man diverse Hänger schon mal vorsichtshalber frühzeitig sicherstellen. Zeitweise stehen nämlich mehr als 50 Hänger am Hängerplatz, die alle wegzuschaffen dauert seine Zeit. Zur Veranschaulichung die Hochwasserentwicklung im Jahr 2002:


Wir hoffen in Eurem eigenen Interesse auf Mithilfe, denn glaubt uns, Ihr steht weinend vor Eurem kaputten Flieger, vorausgesetzt, er ist noch auffindbar und ist nicht die Ache hinunter geschwommen!


Das darf uns nicht noch einmal passieren!

Update aus dem Jahr 2010:

In diesem Jahr hatten wir ein ähnlich schlimmes Hochwasser wie 2002. Die oben aufgestellten Regeln haben sich bestätigt. Der Hochwasserschutz für den Ort Unterwössen hat sich bewährt. Die Auswirkungen am Flugplatz waren etwas geringer, weil der Damm auf der linken Seite der Ache flußabwärts abgetragen wurde, sodass sich die Fluten mehr Richtung Raiten ausbreiten können. Der Pegel auf dem Flugplatz verringerte sich, bei etwa nahezu gleicher Abflussmenge, um circa 15 Zentimeter.

Update aus dem Januar 2013:

Am 5. Januar hatten wir ein “Fasthochwasser”, dabei ließen sich neue Erkenntnisse gewinnen. Und zwar hat sich der Pegel in St. Johann irgendwann nicht mehr erhöht, was Rückschlüsse auf den weiteren Verlauf in Unterwössen zuließ. Das Wasser braucht von St. Johann nach Unterwössen ca. 2 Stunden. Geht man also in St. Johann 2 Stunden vor den Pegelstillstand und ermittelt den Pegelzuwachs, dann lässt sich ausrechnen wie hoch der Pegel in Unterwössen noch steigen wird. Es lässt sich dabei der Wert von St. Johann ca. 1:1 aufaddieren. Am 5. Januar waren es in St. Johann 30 Zentimeter Pegelzuwachs, in Unterwössen danach noch ca. 25 Zentimeter. Die Entscheidung die Sachen wegzuräumen lässt sich aber nur dann hinausschieben, wenn der Pegelzuwachs die Stunden zuvor nicht mehr wie 20 Zentimeter pro Stunde war. Beim Megahochwasser 2002 stieg der Pegel 50 Zentimeter pro Stunde, da kann man sich auf diese Rechnungen nicht einlassen, sondern da muss bei 4 Meter Pegel das Zeug weg, denn eine Stunde später tritt die Ache, inzwischen etwa bei einem Pegel von 4,5 bis 4,6 Meter am Flugplatz über die Ufer.

Update aus dem Juni 2013:

Dieses Hochwasser war das höchste, das jemals in Unterwössen gemessen wurde. Zum Vergleich, die bisherigen “normalen” Hochwasser hatten eine Menge von 6oo bis 700 Kubikmeter Wasser pro Sekunde, ein hundertjähriges Hochwasser war berechnet mit 870 Kubikmeter pro Sekunde, aber das Junihochwasser brachte 957 !! Kubikmeter pro Sekunde. Deswegen ist Kössen komplett untergegangen und leider sind auch bei uns viele Flugzeuge stark beschädigt worden, weil der Abstellplatz an der Straße zum Achberg deutlich überschwemmt wurde. Wer also künftig ganz sicher gehen möchte, der muss sich zwingend um eine rechtzeitige Evakuierung seines Flugzeuges kümmern!

Das war der Verlauf. Eigentlich niedriger Stand, nicht mehr wie vielleicht 2,7 Meter. Dann der Anstieg ab ca. 19:00 Uhr mit ca. 40 Zentimeter pro Stunde, um Mitternacht läuft die Ache über. Hat also 5 Stunden gedauert, bei einem Anstieg von ziemlich konstant 40 cm/Stunde (im Jahr 2002 waren es sogar 50 cm/Stunde):

Schön zu sehen, dass Kössen scheinbar keinen Einfluss hat. Eine kleine Delle bei 4,50 Meter, wenn der Flugplatz überläuft, aber sonst ein gleichmäßiger Anstieg. Die Zacken oben sind wohl zu vernachlässigen, da ist es eh schon egal. Interessant auch, dass das Hochwasser sehr lange, nämlich ca. 32 Stunden geblieben ist, so lange wie noch nie:

Die Erkenntnis ist, dass der Verlauf unabhängig davon was Kössen gebaut hat oder noch baut, immer so ähnlich sein wird. Kössen legt jetzt größere Polder bei Erpfendorf an, das könnte allenfalls bei kleineren Hochwassern etwas die Spitze nehmen, mehr aber auch nicht. Vermutlich regelt die Entenlochklamm bei uns den Wasserstand und glättet ihn.

Mein Bericht zum Hochwasser 2013 Leider hat es den Flugplatz arg getroffen!

Und ein Video Watsch watsch!

Das Bayerische Landesamt für Umwelt hat eine Vorhersagekarte erstellt:


Aus ihr ist genau zu erkennen welches Gebiet, bei welchen Hochwasserereignissen, wie überschwemmt werden wird, sehr interessant!!

Update aus dem Juli 2017:

Diesmal stand ein Tief lange über Tschechien und hat feuchte Luft gegen die Alpen geschaufelt. Diese Luft regnet im Stau durchaus kräftig ab. Die Erkenntnis ist aber, dass die Luft doch nicht genügend Feuchtigkeit enthält, anders als die Luft bei einer 5b Wetterlage, die feuchtwarm in der Adria aufgetankt und in kurzem Weg um die Ostalpen geführt wird. Zudem ist es so, dass bei der Staulage doch der meiste Regen die ersten 10 bis 15 Kilometer in die Alpen hinein fällt, weiter drinnen deutlich weniger. Das Einzugsgebiet der Ache reicht ja bis zum Pass Thurn, wenn da aber nicht so viel Wasser gesammelt wird, dann kann es in Summe auch nicht so schlimm werden. So schaffte die Ache nicht mal die 4 Meter, bei 3,92 Meter war der Maximalwert. Heißt für die Zukunft, bei Nordregenwetter kann man sich ziemlich sicher auf die Vorhersagen verlassen, im Internet gibt es ja inzwischen beliebig viel Information. Die Pegel steigen auch relativ langsamer, sodass eine Flugplatzräumungsaktion sehr gezielt durchgeführt werden kann. Die Entscheidung nicht zu räumen kann man sehr zuverlässig treffen.

Update 20. und 21. Mai 2019:

Die Prognose des HND hat sehr gut gestimmt. Im Algorithmus ist eine große Abweichung eingerechnet, sodass die Vorhersage, wenn man auf der schlechteren Seite bleibt, ziemlich sicher nicht überschritten wird. Im speziellen Fall jetzt waren maximal um die 4,60 Meter berechnet, tatsächlich waren es dann 4 Meter. Die Vorhersage war also, die Ache läuft am Flugplatz praktisch kaum über, so war es dann auch. Der Ablauf war praktisch wieder fast genau so wie im Juli 2017. Heißt, obige Beschreibung hat auch wieder beim letzten Ereignis gepasst.

Update 19. Juli 2019:

Es spitzte sich doch sehr überraschend und schnell zu, obwohl es keine klassische 5b-Wetterlage war. Das Tief hat zwar feuchte Luft von der Adria ran geschaufelt, aber es ist nicht mehrere Tage geblieben, normalerweise Voraussetzung für große Hochwasser. Die Vorwarnung des DWD war daher eher harmlos. Die Kachelmann “Wettr” Vorhersage  hatte erst 130 mm Wasser, da habe ich gedacht ja, das wird aber viel und gefährlich, hat das dann aber sehr deutlich zurückgenommen. Wenn die Regenmenge falsch vorhergesagt ist, dann passt natürlich auch die Prognose des HND nicht, hat auch nicht gepasst. Es kam nämlich so, dass der Regen dann doch so stark war, vor allem auch rein bis zum Pass Thurn, dass es zu einem Pegelanstieg von 50 cm pro Stunde kam. Zum Vergleich, 2002 hatten wir auch so einen Anstieg, 2013 beim Megahochwasser nur 40 Zentimeter. Der Pegel stieg also ab 2:00 Uhr bis 6:00 Uhr von 2,20 Meter auf 4 Meter. Wäre es so weiter gegangen, dann hätte die Ache um 7:00 Uhr den Flugplatz geflutet. Wenn man davon ausgeht, dass die Räumung der Hänger durchaus 2 Stunden dauern kann, dann musste also die Entscheidung allerspätestens um 5:00 Uhr getroffen werden. Demgemäß habe ich den Jan  kurz nach 5 Uhr geweckt. Bis dann die weitere Aktivierung von Helfern in Gang kommt, das dauert seine Zeit. Das Wegfahren der Hänger ist zudem mühsam, einer hat keine Luft mehr, beim anderen ist die Kurbel eingerostet, der nächste steht so in der Kuhle, dass man ihn gar nicht auf die Kugel bekommt, usw. Zudem läuft der Regen beim Kragen rein und in den Schuhen wieder raus. Aber gut, mit 2 Stunden kommt man knapp hin, zumal wir die Hänger jetzt einfach mehr oder weniger nur mehr vor die Hallen stellen. Wäre die Ache um 7 Uhr gekommen, es hätte brenzlig werden können. Sie kam aber nicht, hat bei 4,48 Meter von möglichen 4,50 Meter gestoppt. Die Regensumme lag letztlich bei gut 100 Litern pro Quadratmeter in 24 Stunden, das ist ziemlich genau die Summe, die die Ache noch abtransportieren kann. Mit jedem (Fast-) Hochwasser lernt man auch was dazu!

Update 4. August 2020:

Wieder mal knapp. Diesmal kamen die Regenwolken aus Süden und haben sich gegen kältere Luft aus Norden geschoben. Dabei gab es die größeren Niederschläge direkt an den Alpen und davor. Weiter Richtung Hauptkamm war es eher gemäßigt. Die Folge, hohe Pegelstände in Bergen, Bernau, Frasdorf, sogar auf der Autobahn. Der Wössner Bach hat sein Auslaufbauwerk bemühen müssen, hat funktioniert. Die Ache ist wieder mal knapp am Überlaufen vorbei geschrammt. Nach der Beseitigung des Dammes auf der linken Seite am Flugplatz gräbt sich die Ache dort ein immer breiter werdendes Bett. Die Folge, sie läuft nicht mehr wie früher bei einem Pegelstand 4,50 m über, sondern vermutlich erst bei knapp 5 m. Jedenfalls sind wir wieder mal gut davon gekommen. Die Evakuierung der Hänger ist sehr mühsam, zumal wenn nur wenige Helfer vor Ort sind. Ziel sollte sein im Hochwasserdrohungsfall mehr Helfer mobilisieren zu können.

Update 17./18. Juli 2021:

Wieder mal knapp. Diesmal kamen die Regenwolken aus Nordosten und haben sich zunächst im Pinzgau stark abgeregnet. Vom Paß Thurn her kam ordentlich was runter. Um den Pegel Staudach einzuschätzen war es deshalb hilfreich primär die Pegel von Kitzbühel und St. Johann zu beobachten. Nachdem ein weiterer Anstieg genau in die Nacht von Samstag auf Sonntag gefallen wäre, war es sicher sinnvoll die Hänger noch bei Tageslicht vorsorglich wegzuräumen. Lieber zu früh und einmal zu oft als zu spät. Danke an die Helfer, die das Wegräumen besorgt haben!
Ansonsten war es wenig spektakulär. Die Ache hat bei 4,40 Metern und 400 m³/s gestoppt und hat sich dann langsam wieder zurück gezogen. Zum Vergleich das Hochwasser von 2013 hatte 966 m³/s !

Update 2022 und 2023:

Es gab ein paar “Fasthochwasser”, allerdings war jeweils gut erkennbar, dass es nicht zum Äußersten kommen würde. Die Rechenmodelle, deren vorausberechnete Regenmengen im Einzugsgebiet der Ache in die Vorausschau eingehen, sind inzwischen gut genug, dass sich eine anbahnende Hochwasserlage gut einschätzen lässt. Da die meiste Menge an Wasser aus dem Einzugsgebiet von Pass Thurn bis Kössen kommt, lässt sich aus den Pegeln von Kitzbühel, St. Johann und Kössen gut ablesen, was die nächsten Stunden zum Flugplatz kommen wird. Ich denke, dass durch die Verbreiterung der Ache nördlich des Flugplatzes, ein Überlaufen auch erst bei fast 5 Meter Pegelstand in Staudach eintreten wird. Noch wissen wir es nicht, weil wir den Fall noch nicht hatten. Maximum, glaube ich, waren 4,50 Meter, da ist noch nichts passiert. Ein Problem sehe ich, nämlich dass es inzwischen sehr viele Hänger am Hängerplatz gibt. Die wegzuschaffen dauert bestimmt mehr als 2 Stunden und muss erst mal organisiert sein. Bleibt zu hoffen, dass das immer klappt.

Update 2024 September:

Es hätte Hochwasser geben können, doch es sprach auch etwas dagegen. Erstens schon spät im Jahr, die Luft kann nicht mehr so viel Feuchtigkeit tragen. Wobei das durch den Klimawandel kompensiert wird, die Adria war so warm wie noch nie dieses Jahr. Wahrscheinlich ausschlaggebend war, dass es so kalt war, die Schneefallgrenze unter 1000 m sank. Das Dürnbachhorn z.B. hatte 1,20 m Schnee, das entspricht 120 l/qm Regen, der erst mal nicht herunter gekommen ist. Günstig war auch, dass das Vb Tief sehr groß war und damit die Luft aus der Adria einen weiten Weg gehen musste. Die größten Wassermengen hat das Tief im Osten abgeladen, bevor es bei uns ankam. Auch gut, dass die Luft bei uns mehr von Norden kam und damit einen guten Stau ausgelöst hat. Die Wolken regnen dann mehr am Nordrand der Alpen ab und nicht so sehr im Einzugsgebiet unserer Alpenflüsse.
Die Pegelvorhersagen des HND haben sehr gut gestimmt, die Erkenntnis man kann sich ziemlich gut darauf verlassen. Unter Berücksichtigung des natürlich vorhandenen Fehlers der Vorhersage, kann man künftig sehr gut die Entscheidung treffen, ob der Flugplatz geräumt werden muss oder nicht. Durch die deutliche Verbreiterung der Ache hinter dem Flugplatz ist es außerdem inzwischen auch so, dass die Ache erst bei 5 m Pegel Staudach am Flugplatz auslaufen würde.
Jetzt hatten wir seit 2013 kein Hochwasser mehr, hoffen wir, dass es noch ein paar Jahre so bleibt…

Manfred Schneider